Dienstag, 10. November 2015

Stress: Die Lösung folgt... jetzt...vielleicht

Gehen wir wieder zurück in die Vergangenheit. Da waren die Stressoren noch passend für unser System „Körper“. Stressor „Säbelzahntiger“ führt zur Handlungsweise „laufen oder kämpfen“. Stressor „Nahrungskonkurrent“ zur Handlungsweise „kämpfen und bei verlieren was neues suchen“.

Unsere Stressoren heute führen zu den Verhaltensweisen „sitzenbleiben, 150 Mails lesen, ärgern“. Und "Kampf auf Leben und Tod". Und das ist die Krux. Denn unser System arbeitet immer noch nach dem uralten, immer gleichen Muster. Thalamus, Glutamat, Amygdala, Noradrenalin, Sympathikus, Noradrenalin, Nebennierenrinde, Adrenalin, Amygdala, Nebennierenrinde, Cortisol, Zucker. Man kann also sagen, Stress flottiert jetzt als chemische Übersetzung, als „Stresssuppe“ durch den Körper. Und diese Suppe müssen wir auslöffeln. Und wie geht das? Wir geben dem Körper was er braucht, weil er sich darauf vorbereitet hat. Wir geben ihm „Auspowertraining“. Tanzen bis zum Umfallen, Laufen bis einem das Herz hüpft, Schlussverkauf bei geringen Beständen an sensationellen Schnäppchen.

Die Energie muss verbrannt werden, schnell (so wie in früheren Zeiten) und kurz. Wären unsere Vorfahren verängstigt aber (ausdauernd) langsam vorm Wolf davongegangen, dann wär das heute wohl nix mit uns. Jetzt muss man aber nicht ständig schreiend durch den Wald springen, es reicht schon mal wenn man sich an die zwei mal pro Woche auspowert. Natürlich gerne auch öfters ;)
 
Wenn das die Lösung ist, warum ist dann Entspannung nötig? Die Antwort hätten schon einige passionierte Läufer nötig gehabt, die „entspannten“ sich dann mit starrem Blick im Straßengraben. Daher folgt sie … demnächst ...

Montag, 9. November 2015

Stress ist … noch immer nicht langweilig … populär … schxxxx … beeindruckend … angesagt.

Was genau Stress ist, darüber könnte man … nochmal so viele Jahre streiten wie bereits geforscht wurden.
 
Wir wissen mittlerweile alle („Augenverdreh“) die Bezeichnung kommt aus der Materialforschung und jeder scheint darunter zu leiden. Wir meinen zu wissen („Lippenkräusel“) Stress sei negativ und tunlichst zu vermeiden. Und die wenigsten wissen („erstaunt schau“), dass Stress eine durchaus nutzvolle, gar interessante Handlungsweise unseres Systems „Körper“ ist.
 
Betrachtet man Stress aus der neuro-/chemischen Perspektive, dann muss man respektvoll der Perfektion zollen und Schlüsse daraus ziehen, wie man sich diese Perfektion und dieses Wissen zu Nutze machen kann.
Was passiert denn bei Stress?
Was immer wir gerade machen, im Hintergrund unseres Alltagshandelns scannt unser Gehirn (mithilfe des Körpers, Hightecsensoren) nahezu alles. Muss so sein und geht nicht anders. Scannt und bewertet auch auf „Stressoren“. Neben den üblichen Stressauslösern wie Säbelzahntiger (Kampf um Leben und Tod) oder Eiszeit (ebenso potentiell tödlich), gibt es auch eine Reihe subjektiver Auslöser für Stress. Je nach Vorgeschichte, Auslegung der Situation, eigenem Filter. Als Stressor kann man jene Dinge/Situationen bezeichnen, die der Mensch als Herausforderung, Gefahr oder Bedrohung sieht und meint diese nicht meistern zu können, oder eben nur mit erheblichem Aufwand.

Und wer hat jetzt keine bestimmte Situation seines Alltags vor Augen? Nur jene, die über das Lesen dieses Beitrags bewusstlos geworden sind. Alle anderen dürften wohl an einen ihrer Stressoren gedacht haben. Die 150 Mails die sich über den Urlaub angesammelt haben (wohl wissend, dass 80 % davon eh nichtig sind)? Die stille Adventszeit vielleicht? Der gut gefüllte Terminkalender?

Was beim Denken an den Stressor jetzt möglicherweise im Körper passiert ist – sofern die Stressreaktion gut trainiert oder automatisiert – ist eine Meisterleistung, die kurz und sehr vereinfacht beschrieben wird:
Sinnesorgane oder Erinnerungen führen dazu, dass das Gehirn (im Besonderen der „Thalamus“, bekannt als Tor zum Cortex oder als „ja, eh, jetzt schau ma mal, dann soll noch jemand anderes zB. der Cortex drüberschaun und dann machen wir mal...“) eine Bewertung durchführt. Wie erwähnt wird jeder Mensch gewisse (sehr gefährliche Dinge) gleich aber andere unterschiedlich bewerten. Wir bewerten jetzt als „Herausforderung, mit erheblichem Aufwand verbunden“, da wir 130 Mails als unwichtig und 20 als wichtig differenzieren müssen. Daher wird ein Signal an das Limbische System (im Besonderen die Amygdala, bekannt als Mandelkern oder „ ach so? Na wenn dass so ist, dann werd ich jetzt mal … dem zeig ich`s aber... wir ballen die Faust und erheben sie im Geiste,...) gesendet. Zu diesem Zeitpunkt wird schon jede Menge Glutamat (gibt’s also nicht nur in der Sojasoße) ausgeschüttet, dies führt dazu, dass irgendwo anders (auch im Limbischen System) noch jede Menge Noradrenalin dazu geschüttet wird. Das wiederum startet den – den Biofeedbackerfahrenen bekannten – Sympathikus an, der mischt auch noch mit Noradrenalin mit, startet damit die Nebennierenrinde an und jetzt ist die Faust nicht mehr im Geiste geballt, jetzt ist sie kalt, ein Zittern und eine Unruhe gehen durch den Körper, denn jetzt rauscht es durch die Adern, das Adrenalin.

Jeder der schon einmal Fallschirm gesprungen, in Tauchmontur von einem fahrenden Boot oder Vollgas über die Autobahn gebrettert ist denkt sich jetzt „ein sensationeller Zustand, das geilste Gefühl das man sich vorstellen kann!“. Der Unterschied zwischen diesen adrenalingeschängerten Erinnerungen und unserer Stresssituation ist aber die Interpretation als „wahrscheinlich bis sicher meisterbar“ und die zu Ende geführte Situation (gesprungen, abgetaucht, geschrien,...).

Kommen wir zurück zu unseren 150 Mails. Die zu checken dauert jetzt doch länger als gedacht, immerhin gibt es noch anderes zu tun. Deshalb sendet die Amygdala, das ungeduldige „Luder“ noch einmal die Stressbotschaft an die Nebennierenrinden, diesmal über einen anderen Weg und mit Rufzeichen. Nämlich Cortisol. Mittlerweile sitzen wir schon geraume Zeit vor dem PC, das Blut gesättigt vom Zucker, der sicherheitshalber bereitgestellt wurde für etwaige Kämpfe auf Leben und Tod. Nach 12 Stunden gehen wir nachhause, gereizt bis zum Geht nicht mehr (wissen nicht warum) und zuhause, da „entspannen“ wir uns, denn der Tag war aufreibend und hart.
 
Und genau das wird NICHT funktionieren! Der aufmerksame Leser hat den Haken bei der Sache bereits gefunden, den anderen sei geraten noch eine Runde Cortisol zu produzieren, aber sich bloß nicht aufregen. Die Lösung folgt...



...die Informationen stammen neben eigenen Erfahrungen aus Carlson, N. R. (2004). Physiologische Psychologie. Pearson Studium, diversen Biofeedback-Seminaren und spannenden Vorlesungen...

Dienstag, 23. Juni 2015

Was haben Asthma und die neue Michael Kors Handtasche gemeinsam?

... beide rauben den Atem...
 
Statistisch gesehen („Statistik die die Welt nicht braucht“) verbringt die Durchschnittsfrau 76 Tage ihres Lebens damit, in der Handtasche zu kramen. Dumm nur, wenn sie ein Asthmaspray sucht. Gut, dass sie sich die Zeit bis zum Finden des rettenden Medikaments mit Atemübungen vertreiben kann, handelt es sich bei Asthmaanfällen zumeist um Atemnot durch eine Verengung der Atemwege. Welche – jetzt kommt´s – durch Biofeedback-Übungen und damit richtiges Atmen - aufgelöst werden kann.
 
Damit ist der Bedarf am Spray bestenfalls nicht mehr gegeben bis eben dieses in der Tasche geortet wird. Aber die Freude sicher groß, wenn bei der Suche nach dem Asthmapfeifferl der verloren geglaubte Handschuh, das geerbte Diadem der Großmutter, das lange verschollene Meerschweinchen wiederentdeckt werden!
Wer schon einmal an Atemnot litt, nicht mehr ein- oder ausatmen konnte, der hätte wahrscheinlich auch am besagten Meerschweinchen gesaugt, um Linderung zu erlangen. Atemnot ist einer der schlimmsten Zustände in den wir geraten können. Wem hat es nicht schon einmal den Atem verschlagen, ob im Schock durch eine schlimme Nachricht oder in einer schrecklichen Situation, oder durch den Sturz auf Rücken und Steißbein. Völlig hilflos lagen wir auf dem Asphalt, japsend, nahmen den Schmerz gar nicht wahr, denn die Atemlosigkeit war raum- ja eigentlich allumfassend. Wir sprechen von einer Ahnung (die Erinnerung lässt und schauern, nicht wahr?), handelt es sich doch hoffentlich um einmalige Vorkommnisse und nicht um eine chronische – also zeitlich überdauernde – Erkrankung.
Mit jedem Mal wenn die Luft wegbleibt, da kommt sie: die Angst. Und mit jedem Mal wenn wir Angst haben, da atmen wir anders. Schneller, flacher, unregelmäßiger. Es handelt sich um gekoppelte oder verwobene Verhaltensweisen. Und Verhaltensweisen können durch andere – neue, passendere - ersetzt werden. Gelernt mittels Biofeedback. Ja, dauert ein wenig bis man diese neuen Verhaltensweisen erlernt hat, aber man erlangt schneller Kontrolle über sich selbst als über die eigene Handtasche ;)

Mittwoch, 22. April 2015

Biofeedback und die Angst ODER "Als Herr M. mit der Eisenbahn fuhr und feststellte dass sein Herz klopfte..."

Herr M. ein gemütlicher Kerl und ein getriebener, stieg nach getaner Arbeit in den Intercity um in Fahrtrichtung sitzend in seinen Lernunterlagen zu schmökern. Einfach nur weil es möglich war, holte er die Matura nach, dann noch einmal das Selbe in anderen Fächern denn der Meisterkurs schien ihm nicht ausreichend, auch die Führungsposition nicht. Ein Studium stand an und die Geburt seines Sohnes. Offensichtlich hatte er es am Morgen eilig gehabt, denn beim Griff in seine schicke Herrenhandtasche stellte er fest – keine Unterlagen. Da saß er nun - ohne externen Input – gemütlich im Komfortsessel der ÖBB und kehrte in sich. Trotz des langen Tages, trotz der Querelen verspürte er weder Hunger noch Müdigkeit, noch den gelegentlich auftretenden Schwindel. Keine Verspannungen, keine Schmerzen. Sein Herz klopfte im gewohnten Rhythmus. Sein Herz klopfte. Pochte. Immer schneller. Unregelmäßig. Es hüpfte in der Brust, sprengte die Rippen. Eine unsichtbare Hand schien sich zwischen seinen Organen hindurch zu schieben um mit eisernem, kalten Griff sein springendes Herz zu umfassen. Herr M. verließ so bald als möglich den Zug, um sich in der Intensivstation des hiesigen Krankenhauses wiederzufinden. Da war er, in der fürsorglichen Hand des Gesundheitssystems und da blieb er. Eine Woche. Ohne Befund. Nach eben dieser Woche hatte er eine Konsultation beim Oberarzt. Da saß er neben der Tür, mit einer Leere im Kopf und der Feststellung: sein Herz pochte. Dies streckte Herrn M. abermals auf die Matte. Trotzdem konnten keine Auffälligkeiten festgestellt werden. Mit guten Wünschen und einer Packung Antidepressiva kehrte er in den schützenden Schoß der Familie zurück. Die weiteren Tage verliefen wie immer: Arbeit, Anforderung, Besorgnis, Familie, Perfektion in allen Dingen. Die Packung Antidepressiva ging dem Ende entgegen und so fand sich Herr M. in einer Warteschlange beim Arzt wieder. Und wieder: die eisige Hand packte zu.
? Hat Herr M. ein Herzproblem? Hat die eisige Hand Morbus Raynaud?
Warum, wenn Herr M. unbeschäftigt scheint, erleidet er eine Attacke?
Erfüllt Herr M., jungen Alters, in einer Umbruchphase, suchend, rastlos und auf seine physiologischen Vorgänge bezogen, die Merkmale einer Panikstörung?
Die Panikstörung aus dem Kreis der Angststörungen wird im ICD10 als wiederkehrende Angstattacke beschrieben, nicht auf spezifische Situationen oder besondere Umstände beschränkbar und daher auch nicht vorhersehbar. Wesentliche Symptome sind plötzlich auftretendes Herzklopfen, Brustschmerz, Erstickungsgefühle, Schwindel, Entfremdungsgefühle, Angst vor Kontrollverlust, dem Sterben oder wahnsinnig zu werden.
Offensichtlich litt Herr M. an eben dieser Angststörung. Die Situationen verschieden, aber immer in Ruhe. So konnte er sich auf seinen Herzschlag konzentrieren und diesen WILLENTLICH beschleunigen. Dies führte zu einem Hochfahren der Physiologie auf Überleben, zu Angst, Schmerzen und Schwindel. Er verließ den Zug vor allem, um vor den Mitreisenden nicht die Fassung zu verlieren, meinte an einer Herzattacke zu sterben und begab sich deshalb in die Intensivstation. Sein Zustand versetzte die Ärzte in Alarmbereitschaft, und dieses Angebot an Überversorgung machte Herrn M. klar: es liegt ein massives Problem vor. Die Angst nochmals so eine Attacke zu erleben schlich in seinen Körper und machte sich breit, dazu war er mit 25 Jahren im besten Alter.
Auslöser und Ursachen: Gelegentlich geht der ersten Attacke ein Ereignis voraus dass die vorhandenen Copingstrategien übersteigt. Kurz gesagt es handelt sich um einen Lernprozess. Oftmals ausschlaggebend ist auch die Neigung die Aufmerksamkeit nach innen zu wenden, sobald kein externer Input mehr erfolgt. Das heißt: in Ruhephasen wendet man sich nach innen und nimmt körperliche Vorgänge wahr, die immer schon da waren, nur eben nicht wahrgenommen. Dies kann zu Veränderungen in der Physiologie führen, oder eben der Wahrnehmung von (normalen) Unregelmäßigkeiten und der Bewertung als Gefahr. Voilà Panik, aufschaukeln, hochfahren, Gefahr, Panik, Panik, Panik, Angst vor der Panik. Panikstörung.
Intervention, Bewältigung: Neben der medikamentösen Behandlung zeigen vor allem kognitiv-verhaltenstherapeutische Intervention große Erfolge. Unterstützt man diese durch Biofeedback kann man die Wahrnehmung des Betroffenen mittels Sensoren kalibrieren. Was als Gefahr gewertet wird, wird sich am Bildschirm darstellen wie gemessen: Keine Gefahr, normale Vorgänge. Zu Nutze gemacht wird sich die Kopplung Gedanken, Wahrnehmung und Physiologie. Was sich in negativer Weise zu einer Panikattacke aufschaukeln kann, wird genutzt um WILLENTLICH Entspannung und Kontrolle herzustellen. Die Kombination aus kognitiver Verhaltenstherapie und Biofeedback greift also auf zweierlei Weise in das Panikgeschehen: Gedanken, Wertungen und Kognitionen auf kognitiver Seite sowie willentliche Steuerung der Physiologie, diesmal nicht in Richtung Angst sondern in Richtung Entspannung, Kontrolle und Vertrauen.
 
 
Nachtrag: Kürzlich wurde Herr M. Vater einer Tochter. Sein Herz dürfte so richtig geklopft haben, immerhin entschied sich die tapfere Gebärende erst Minuten vor der Niederkunft das Krankenhaus aufzusuchen. In der neuen Familienkutsche. Ohne Schonbezug. Wie gesagt neu. Die gute Nachricht: Herr M. und sein Auto sind wohlauf. Ach und die beiden Damen auch.

Freitag, 10. April 2015

Biofeedback und Morbus Raynaud, also megakalte Hände... Passung die 2.


Frau R., das Reh und Morbus Raynaud

Frau R., passionierte Jägerin, ballerte dereinst auf ein Reh und streckte es mit einem einzigen Schuss in den Schnee. Nun ist und war es Jägersehr´ ab dem Niederstrecken des Getiers eine halbe Stunde auf der Stelle zu verharren, sollte sich eben dieses noch einmal vom Totenbette erheben und versuchen angeschossen im Unterholz zu verschwinden. Was Frau R. wusste: es war düsterer Abend, Winter, kalt. Was nicht: Jahre später würde sie die Diagnose M. Raynaud erhalten. In der klirrenden Kälte unterhielten sich die Jägersmannen flüsternd, die Worte entschwanden als Nebelschwaden. Frau R. aber schrie still in sich hinein, der Schmerz kroch von den Fingern aus in den Körper und machte sich breit, schlüpfte in die hintersten Winkel und krallte sich fest. Die Kollegen hauchten ihr Jägerlatein in die Nacht, ergötzten sich am sternenbehangenen Himmel, Frau R. an denen vor ihren Augen. Mittlerweile schrie sie nicht mehr still. Die Finger wohl verpackt aber weiß und klamm und kaum durchblutet. Die Zehen ebenso. Die der Kollegen rosig warm und feucht.

Morbus Raynaud oder Weißfingerkrankheit oder Leichenfinger ist eine meist ungefährliche Störung bei der es zeitweise zu einer Minderdurchblutung kommt. Häufig sind die Finger betroffen, gelegentlich auch Zehen, Nase oder bei stillenden Frauen die Brustwarzen. Diese Minderdurchblutung kann Minuten bis Stunden dauern und ist meist die Folge von Kälteeinwirkung (kurzer Griff in den Kühlschrank, ein winterlicher Jagdausflug). Auch psychische Belastung (führt bekannterweise zu kalten Händen) oder diverse andere Erkrankungen können zu M. Raynaud führen.

Ursächlich ist eine sympathische Störung, also eine Störung der sympathischen Innervierung der betroffenen Gebiete, nicht eine nette. Diese Störung der Innervierung führt dazu, dass Gefäße so stark verengt werden – um Kälteverlust vorzubeugen – auf dass nicht wie „geplant“ weniger warmes Blut durch die Gefäße transportiert wird, sondern fast gar keines mehr. Dadurch färben sich die betroffenen Areale anfangs weiß später blau.

Kurz gesagt biegen gewisse Nerven (Sympathikus) etwas zu früh ab oder meinen es einfach nur zu gut.

Wir alle kennen das Gefühl erkaltender Hände und auch das der sich wieder erwärmenden, beides einhergehend mit Schmerzen und eben nicht bei der Minderdurchblutung wie bei M. Raynaud, sondern der geplanten geringeren. Um vieles unerträglicher können Schmerzen bei der Raynaud-Erkrankung sein. Zusätzlich besteht – bei schweren, anhaltenden Anfällen – die Gefahr von Nekrosen, also dem Absterben des Gewebes. Also stimmt es. Manchmal ist das Gegenteil von gut: gut gemeint.

Als Intervention, Behandlungsmöglichkeit bei M. Raynaud sieht man die Gabe von vasoaktiven Substanzen, Ginko (= durchblutungsfördernd), Antidepressiva, aber auch Durchtrennen des Sympathikus.

Neu und doch bewährt bietet sich auch die Biofeedback-Therapie an, immerhin erlernt man hier das willentliche Erweitern von Blutgefäßen. Das heißt bei Kälteeinwirkung oder Stress kann man vorbeugend Übungen durchführen um die extreme Konstrikion („Zusammenziehen“) der Gefäße zu mindern oder verhindern. Dazu werden während den Biofeedback-Sitzungen Sensoren an den Händen, Fingern oder anderen Arealen angebracht, die nicht nur Temperatur, auch Gefäßsstellung auf einen Bildschirm übertragen. Durch die sofortige Rückmeldung erlernt der Klient relativ schnell willentliche Steuerung und bewusste Erweiterung der Gefäße und die Anwendung im Alltag und beugt dadurch Raynaud-Anfällen vor.

 
 
 
Nachtrag
Das Reh natürlich legte sich geradewegs im Augenblick des nachtdurchschneidenden Schusses zur Ruh, um sich später dampfend übers Geröll in den Wald aufzumachen, wo es heute noch an den Wipfeln junger Tannen knabbert.

Dienstag, 31. März 2015

Tinnitus und Biofeedback oder Passung die 1.


Frau T., der Fernseher, die Katze, der Sommer, der Tinnitus
Nach einem langen Tag - voller Erfolge und Misserfolge - läutete Frau T. bei einem schönen Glas Wein oder einem Stück Schokolade oder einer anderen feinen Knabberei den Feierabend ein. Sie machte ihr TV-Gerät mittleren Alters (in Techniklebensjahren 2 bis 3 Monate) an. Schaltete es also ein, um bei einer ansprechenden Dokumentation abzuschalten.
Ein sirrend hohes Geräusch störte den Abend intellektuellen Inhalts. Mit ihrem linken Ohr, das sie an den Fernseher hielt, ortete sie die Geräuschquelle eben da. Bei ihrem Fernseher. Es war spät, sie war müde und das Gerät offensichtlich defekt.
Der nächste Tag verlief wie üblich. Lüftungen summten, Kollegen lachten, Geräte brummten. Abends begrüßte sie das nervig sirrende Geräusch in der an sich stillen Wohnung. Der Kühlschrank sirrte – festgestellt durch das hellhörige linke Ohr. Die Lampe sirrte – festgestellt durch das linke Ohr. Die Katze, die Wand, der Boden, der Sessel, die Couch. Das Bett, der Polster, die Matratze. Alles sirrte. Die Nacht, der Morgen, der Tag, der folgende. Die Woche, der Monat, der Frühling, der Sommer.
Infusionen, Tabletten, Physiotherapie. Ärzte, keine Ärzte, Naturheiler, Humbug und wieder Ärzte. Der Herbst, der Winter. Angst, Wut, Verzweiflung und Frau T. gestand sich ein: chronischer Tinnitus, TV umsonst in die Tonne gekloppt.
Ursachen für chronischen Tinnitus gibt es viele. Dem chronischen geht – logisch – ein akuter voraus. Und diesem viele, verschiedenste - auch unbekannte Vorgänge. Am häufigsten werden chronische Lärmschädigungen, Knallverletzungen, Barotraumen, Trommelfellrisse oder Mittelohrentzündungen berichtet. Auch andere Erkrankungen, sowie andauernde Anspannung - also negativ bewerteter Stress - können zu Ohrgeräuschen führen.
Eine Erklärung für diese Geräusche sind diese Ursachen aber nicht. Heute – und bei der derzeitigen Forschung, vielleicht nicht mehr morgen – geht man von einem Kompensationsversuch des Gehirns aus.
Nehmen wir an, wir stehen neben einer Hightec-Musikanlage und freuen uns auf ein sensationelles Konzert. Der Veranstalter will seine Gäste begrüßen. Mit einem schrill, quiekenden Geräusch stammelt er ein paar Worte ins Mikro, die wir gar nicht mehr wahrnehmen, denn dieses grauenhafte Geräusch fuhr durch Mark und Bein. Nicht nur das. Es fuhr übers Trommelfell, brachte das gesamte Innenohr in Schwingung, schlich in die Gehörschnecke und knickte eben jene Härchen um, die für diesen schrillen Ton und dessen Reizweiterleitung zuständig sind, jetzt passender: waren. Waren deshalb, denn einmal geknickt, geht da geht erst mal gar nichts mehr und im Gehirn wird diese Frequenz nicht mehr ankommen. Dies wiederum scheint für den auditiven Kortex unmöglich oder unlogisch und daher summt er quasi für uns, auch wenn der ursprüngliche Schaden wieder gehoben werden würde. Diese These erklärt warum Tinnitus in allen „Farben“ also Frequenzen und „Formen“ also Dauer und Ausmaß vorkommen kann. Auch ganz geringe Abfälle unseres Hörvermögens - kaum messbar – können zu Tinnitus führen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Unterscheidung in akuten und chronischen Tinnitus ist  für den Betroffenen egal. Das Geräusch ist da und es nervt, bei chronischem länger als 6 Monate. Man greift je nach Typus aber auf unterschiedliche Interventionen zurück. Versucht man beim akuten noch mehr oder weniger erfolgreich medikamentös zu behandeln oder hofft auf die gar nicht so seltene Spontanheilung, so greift man beim chronischen Typ auf Methoden zurück die nicht der „Heilung“ dienen, sondern Akzeptanz und Integration in den Alltag ermöglichen. Kurz: das Geräusch wird ausgeblendet.
Den meisten Betroffenen wird aufgefallen sein, manchmal scheint das Geräusch leiser oder gar nicht mehr vorhanden zu sein. Oder bei Stress, Aufregung, Erschöpfung wird es als stärker wahrgenommen.
Fluktuierende Tinnitus-Formen werden gehäuft von (psychogenen) Verspannungen der Halswirbelsäule begleitet, hier kann mittles Biofeedback-Behandlung regulierend eingegriffen werden. Die Anspannung bestimmter Muskelgruppen wird moduliert, Fehlhaltungen korrigiert, Entspannungsmöglichkeiten erlernt. Zusätzlich erfolgen Interventionen auf kognitiver Ebene, denn wahrgenommene Anspannung, Schwindel und die Belastung durch das Ohrensausen scheinen eine Ursache zu haben:
die Wahrnehmung und Bewertung des Geräusches oder Stressors als anwesend und belastend.
Einstellungen, dysfunktionale Gedanken werden auf psychologischer Ebene ergründet und Bewältigungsstrategien bearbeitet. Kurz die Wahrnehmung wird vom Tinnitus weggeleitet, verstärkende Verhaltensweisen in erfolgreiche Coping-Strategien verwandelt.

Nachtrag
Frau T. lebt mit ihrem Sirren heute ganz hervorragend. Nur wenn sie sich ganz stark darauf konzentriert kann sie ihren Tinnitus bestenfalls noch erahnen. Wenn sie ihn doch einmal ohne Konzentration wahrnimmt, so bemerkt sie auch Verspannungen im Nackenbereich und weiß, es ist Zeit für ein Päuschen und ein paar Übungen.

Noch ein paar Fragen und Antworten:
 
Warum hörte Frau T. zu Beginn das Geräusch abends, aber nicht in der Arbeit?
Aufmerksamkeitsverschiebung zum Geräusch hin. Wenn man nicht an einen rosaroten Elefanten denken soll, kann man nichts anderes mehr tun.
Kann man Tinnitus heilen?
Spontanes Abklingen in der akuten Phase ist gar nicht so selten, derzeit wird zwar intensiv geforscht, aber da es sich wahrscheinlich um einen Kompensationsversuch des Gehirns handelt, und eben dieses bemerkenswert ausdauernd und effizient arbeitet, geht man nicht davon aus, dass Tinnitus verschwindet. Aber aufgrund unseres Super-Gehirns ist es möglich so zu tun als ob.
Kann Tinnitus nützlich sein?
So lange er als belastend wahrgenommen wird eher nicht. Wenn kompensiert dann ja. Siehe Frau T.

Samstag, 28. März 2015

Biofeedback; wer, wann, wo?



Wer?

Wer feststellt, dass es irgendwo hakt, der kann sich glücklich schätzen.
Oftmals überhören wir Signale – also Messergebnisse – und machen weiter. Weil wir glauben dass wir es müssen, weil wir glauben dass es nicht anders geht. Tut es doch. Neben medikamentöser Behandlung, therapeutischer Begleitung – je nach Symptomen oder je nach Problem, kann man auch Biofeedback nutzen. Dazu braucht es Folgendes: Sensoren, Rückmeldung und Durchhaltevermögen. Dann wird folgendes passieren: dauerhafte Veränderung, Besserung oder gar Verschwinden der Symptome, vielleicht sogar des ursächlichen Problems und das bei geringen bis keinen Nebenwirkungen.

Also wer? Menschen mit Zeit, Motivation, Passung. Denn die Veränderung wird nicht vorgegeben, sie wird aktiv durch den Anwender herbeigeführt.

Was ist Passung? Eine andere Geschichte. Eigentlich viele...


Wann?

Wenn man nicht aus dem Gleichgewicht geraten will, sozusagen vorbeugend. Wenn man feststellt dass es hakt. Oder später, dann wenn man über die eigenen Grenzen gegangen ist. Immer! So wie wir uns jene Verhaltensweisen, damit auch physiologische wie Atmung, Blutdruck, … antrainiert haben, ersetzen wir sie durch neue.

Also wann? Immer.


Wo?

Da wo ein Biofeedback-Gerät steht, bestenfalls bedient durch einen Profi. Profis erkennt man an einer Ausbildung in … Biofeedback … und einem psychologischen/medizinischen/naturwissenschaftlichen Grundberuf.

Also wo?
 
das sind wir ;)
http://www.burnout.at/


und das sind weitere Profis...