Freitag, 10. April 2015

Biofeedback und Morbus Raynaud, also megakalte Hände... Passung die 2.


Frau R., das Reh und Morbus Raynaud

Frau R., passionierte Jägerin, ballerte dereinst auf ein Reh und streckte es mit einem einzigen Schuss in den Schnee. Nun ist und war es Jägersehr´ ab dem Niederstrecken des Getiers eine halbe Stunde auf der Stelle zu verharren, sollte sich eben dieses noch einmal vom Totenbette erheben und versuchen angeschossen im Unterholz zu verschwinden. Was Frau R. wusste: es war düsterer Abend, Winter, kalt. Was nicht: Jahre später würde sie die Diagnose M. Raynaud erhalten. In der klirrenden Kälte unterhielten sich die Jägersmannen flüsternd, die Worte entschwanden als Nebelschwaden. Frau R. aber schrie still in sich hinein, der Schmerz kroch von den Fingern aus in den Körper und machte sich breit, schlüpfte in die hintersten Winkel und krallte sich fest. Die Kollegen hauchten ihr Jägerlatein in die Nacht, ergötzten sich am sternenbehangenen Himmel, Frau R. an denen vor ihren Augen. Mittlerweile schrie sie nicht mehr still. Die Finger wohl verpackt aber weiß und klamm und kaum durchblutet. Die Zehen ebenso. Die der Kollegen rosig warm und feucht.

Morbus Raynaud oder Weißfingerkrankheit oder Leichenfinger ist eine meist ungefährliche Störung bei der es zeitweise zu einer Minderdurchblutung kommt. Häufig sind die Finger betroffen, gelegentlich auch Zehen, Nase oder bei stillenden Frauen die Brustwarzen. Diese Minderdurchblutung kann Minuten bis Stunden dauern und ist meist die Folge von Kälteeinwirkung (kurzer Griff in den Kühlschrank, ein winterlicher Jagdausflug). Auch psychische Belastung (führt bekannterweise zu kalten Händen) oder diverse andere Erkrankungen können zu M. Raynaud führen.

Ursächlich ist eine sympathische Störung, also eine Störung der sympathischen Innervierung der betroffenen Gebiete, nicht eine nette. Diese Störung der Innervierung führt dazu, dass Gefäße so stark verengt werden – um Kälteverlust vorzubeugen – auf dass nicht wie „geplant“ weniger warmes Blut durch die Gefäße transportiert wird, sondern fast gar keines mehr. Dadurch färben sich die betroffenen Areale anfangs weiß später blau.

Kurz gesagt biegen gewisse Nerven (Sympathikus) etwas zu früh ab oder meinen es einfach nur zu gut.

Wir alle kennen das Gefühl erkaltender Hände und auch das der sich wieder erwärmenden, beides einhergehend mit Schmerzen und eben nicht bei der Minderdurchblutung wie bei M. Raynaud, sondern der geplanten geringeren. Um vieles unerträglicher können Schmerzen bei der Raynaud-Erkrankung sein. Zusätzlich besteht – bei schweren, anhaltenden Anfällen – die Gefahr von Nekrosen, also dem Absterben des Gewebes. Also stimmt es. Manchmal ist das Gegenteil von gut: gut gemeint.

Als Intervention, Behandlungsmöglichkeit bei M. Raynaud sieht man die Gabe von vasoaktiven Substanzen, Ginko (= durchblutungsfördernd), Antidepressiva, aber auch Durchtrennen des Sympathikus.

Neu und doch bewährt bietet sich auch die Biofeedback-Therapie an, immerhin erlernt man hier das willentliche Erweitern von Blutgefäßen. Das heißt bei Kälteeinwirkung oder Stress kann man vorbeugend Übungen durchführen um die extreme Konstrikion („Zusammenziehen“) der Gefäße zu mindern oder verhindern. Dazu werden während den Biofeedback-Sitzungen Sensoren an den Händen, Fingern oder anderen Arealen angebracht, die nicht nur Temperatur, auch Gefäßsstellung auf einen Bildschirm übertragen. Durch die sofortige Rückmeldung erlernt der Klient relativ schnell willentliche Steuerung und bewusste Erweiterung der Gefäße und die Anwendung im Alltag und beugt dadurch Raynaud-Anfällen vor.

 
 
 
Nachtrag
Das Reh natürlich legte sich geradewegs im Augenblick des nachtdurchschneidenden Schusses zur Ruh, um sich später dampfend übers Geröll in den Wald aufzumachen, wo es heute noch an den Wipfeln junger Tannen knabbert.

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